Nach den letzten Erfolgen ist es jetzt an der Zeit, eine ausführliche Historie über die Producer von Lionheart und Airbus A-320 zu bringen. Von wem die Rede ist? Na, von Thalion!

 

Erik Simon im Kampf mit Jochen Hippel über den neuesten Sound

Viele von Euch werden das Softwarehaus vielleicht erst bewusst durch den A-320 kennengelernt haben. Doch entstanden ist das anfangs relativ kleine Label schon vor einigen Jahren, mitten im Herzen Ostwestfalens, in Gütersloh, dort wo die Kühe noch saftiges, grünes Gras fressen und die Hühner noch frische Eier legen. So sagten sich die Herren Holger Flöttmann (heute Ascon, "Der Patrizier"), Erik Simon und Udo Fischer im Herbst 1988, dass es an der Zeit wäre, aus ihrem Hobby einen ertragreichen Beruf zu gestalten. Also nichts wie ran an die Disketten. Wie viele neue Firmen versuchte man sich zuerst an den damals noch äußerst beliebten Action-Spielen. Somit ging das erste Thalion Produkt, nämlich "The Chambers of Shaolin", in Planung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten verkaufte es sich dann aber ganz gut, und weitere Games nahmen Gestalt an. "Seven Gates of Jambala", Warp und "Leavin' Teramis" folgten, bis sich der erste Thalion-Knüller auf den Software-Markt drängte: Dragonflight! Lange hatte die Software-Welt auf dieses Produkt gewartet und zu oft war es verschoben worden, als dass man noch mit einer Erscheinung gerechnet hätte. Das war auch der Zeitpunkt, als man einen finanzkräftigen Sponsor brauchte, um weitere Projekte durchführen zu können. Was lag also näher, als mit Hajo Krusche, dem Geschäftsführer der Ariola Soft, in Kontakt zu treten? Gesagt - getan, und die Verträge waren unterschrieben. Somit war auch der Grundstein für Thalion England gelegt. Man wollte eben mehr. Nicht nur der deutsche Markt sollte von den Ostwestfalen profitieren, auch das Ausland sollte seine helle Freude an deutschen Games haben. Weiter ging es in der Produktpalette mit Spielen wie "Tower FRA", einer sehr realistischen Fluglotsen-Simulation, und "Wings of Death".

Besonders dieses Programm fiel durch einen hervorragenden Sound auf. Kein geringerer als Jochen Hippel hatte sich dieser Aufgabe gestellt und ein wahres Meisterwerk an musikalischem Software-Hochgenuss geschaffen. Zu diesem Zeitpunkt sagte sich Willi Carmincke, dass es ja wohl möglich sein müsste, einen guten Game-Sound auch auf eine nette CD zu packen. Und wie immer, wenn ein Carmincke sich etwas vornimmt, klappt es auch. Bis heute ist die CD noch zu kaufen, und gerade eben wird mit der Pressung der dritten Auflage begonnen. Übrigens war das auch das Startzeichen für andere Sound-Programmierer, Hippel nachzueifern, und die eigenen Stücke auf einer CD an den Mann zu bringen.

Jetzt jedoch wieder zurück zu den weiteren Thalion-Programmen. Nach "Wings of Death" tat sich eine Zeit lang gar nichts besonderes auf dem Thalion-Markt. Unwesentliche Programme wie z.B. Atomix, "Magic Lines", "Enchanted Land", Tangram, "Ghost Battle" und "Trex Warrior" folgten, bis ein gewisser Rainer Bopf, seines Zeichens Pilot, sich in den Kopf gesetzt hatte, eine absolut realistische Flugsimulation zu schaffen - ohne den üblichen Kram, wie Abfeuern von Raketen, etc. Was lag also näher, als sich in das Cockpit eines Airbus A-320 zu begeben? Gesagt - getan! Fehlten nur noch geeignete, werbeträchtige Sponsoren. Diese waren aufgrund der realistischen Fluggegebenheiten schnell gefunden! Somit klinkten sich die Deutsche Lufthansa, die Firma Jepperson und die Deutsche Airbus mit in diese erfolgreiche Simulation ein. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum der Airbus bis jetzt allein in Europa 130.000 (!) mal verkauft wurde, somit das drittbeste Produkt 1992 overall war, und sich Thalion als viertstärkstes Label beweisen konnte. Damit sollte es jedoch noch lange nicht genug sein, denn wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, ist in dieser Szene schnell weg vom Fenster. Also kam der nächste Schlag im Februar 1992 in Form eines Rollenspieles mit dem Titel Amberstar. Weitere Verkaufserfolge stellten sich ein, bis man bei Thalion zu der Überzeugung kam, dass die Zukunft vielmehr in Simulationen liegt. Und mit einem zweiten Platz wollte man sich schon gar nicht zufrieden geben. Somit war "No Second Prize" geboren. Eine Motorrad-Simulation der Spitzenklasse, welche von den Kritikern noch besser eingestuft wurde, als das bis dahin auf Platz eins rangierende "Red Zone" der Liverpooler Firma Psygnosis.

Der geeignete Zeitpunkt zu bemerken, dass der Erfolgsweg nicht über Distributoren geht (bis dahin über "United Software"). Wenn man schon qualitativ hochwertige Programme herstellt, kann man diese auch direkt an den Mann bringen. Somit sagte man der United auf Wiedersehen und wandte sich - mit großem Erfolg - direkt an den Handel. Solltet Ihr Euch jetzt die Frage stellen, ob Thalion damit zufrieden war, muss ich Euch leider enttäuschen! Man schreibt den Monat Dezember, das Jahr 1992 und den amerikanischen Bundesstaat New York! Thalion Publishing USA (Anmerkung des Webmasters: Thalion Software USA Ltd., 3800 Monroe Avenue, Pittsford NY 14534) ist gegründet und somit entwickelt sich Thalion zu einer immer stärkeren internationalen Firma. Schließlich will auch der amerikanische Markt mit Thalion-Produkten versorgt sein. Auch dort gibt es den Airbus, Motorräder und andere Spielereien, die ab Februar 1993 auf dem Computer benutzt werden möchten und können. Und auch Lionheart, der neueste Mega-Hit, wird sich nicht nur in Deutschland verkaufen lassen können. Zumal auch der neue Sound-Programmierer, Matthias Steinwachs, seine Musik in den Thalion-Büros erklingen lässt.

Bleibt zu hoffen, dass wir auch weiterhin mit hochwertigen Games der Firma Thalion versorgt werden, zumal sich Herr Bopf zur Zeit an einer außergewöhnlichen Helicopter-Simulation versucht, die mit hoher Wahrscheinlichkeit alles bisher Dagewesene übertreffen wird.

Willi Carmincke beim Einstellungsgespräch mit einem sehr jungen Programmierer

Marcel Tippmann - Play Time 3/93