ist tot - es lebe
Die letzten Tage von Ariolasoft sind gezählt: Am 1. August wird der Firmenname aus dem Branchenregister gestrichen: Der Spiele-Vertrieb wird in "United Software" umbenannt. Henrik Fisch unterhielt sich im ländlichen Rietberg mit Ariolasoft-Geschäftsführer Hans-Joachim Krusche. Sie plauderten unter anderem über die Namensänderung von "Ariolasoft" zu "United Software". Dort traf Henrik auch die ST-Hexer von Thalion Software und auf die Programmierer des neu gegründeten Labels Art Edition.
Wenn einer von Deutschlands führenden Software-Distributoren seinen Namen ändert und zwei Labels von deutschen Programmierern ins Rampenlicht rückt, ist das allemal eine Reise wert. In Rietberg bei Gütersloh ist das Hauptquartier von Ariolasoft. Geschäftsführer Hans-Joachim Krusche empfing uns in seinen Büros und erläuterte die Gründe für die Umbenennung:
Power Play: Herr
Krusche, warum ändern Sie den Namen von Ariolasoft in
United Software? Krusche: Zum einen soll der neue Name symbolisch für eine Vereinigung von bekannten und qualitativ hochwertigen Softwarefirmen stehen. "United Software" ("Vereinigte Software") erfüllt diesen Anspruch. Der zweite Grund hängt mit der Firmengründung im Jahr 1983 zusammen. Der Konzern Bertelsmann wollte eine Softwarefirma gründen. Nichts lag näher, als den ohnehin schon bekannten Namen der Plattenfirma Ariola für das Software-Label zu verwenden. So entstand der Name Ariolasoft. Mittlerweile wurde der Ariolasoft-Konzern von Bertelsmann abgespalten. Da Ariolasoft nun nichts mehr mit Bertelsmann zu tun hat, der Name Ariola jedoch Bertelsmann gehört, muss ein anderer Name gefunden werden. Power Play: Welche Software-Vertriebsfirma ist eigentlich die größere in Deutschland? Ariolasoft/ United Software oder Rushware? Krusche: Keines der beiden Häuser kann man wohl als die Nummer 1 bezeichnen. Das Geschäft ist ein ständiges auf und ab, bei dem einmal die eine, mal die andere Firma vorne liegt. Zudem kann man die Firmen nicht direkt vergleichen, da Rushware nicht nur Spielesoftware, sondern auch Computer-Hardware anbietet. United Software ist allerdings auch nicht daran interessiert, sich damit hervorzuheben, die Nummer 1 in Deutschland zu sein. Es kommt viel mehr darauf an, gute Software zu machen. |
Ariolasoft vertreibt in Deutschland Programme einer ganzen Reihe erfolgreicher Spielesoftware-Firmen wie Cinemaware, FTL, Grandslam, Hewson, Ocean und Sierra. Zu der Liste, die sich wie ein Auszug aus dem "Who is who" der Software-Branche liest, kommen jetzt zwei neue Namen hinzu: Die deutschen Softwarehäuser Art Edition und Thalion.
Art Edition wurde mit dem Konzept ins Leben gerufen, möglichst familienfreundliche Computersoftware zu programmieren. Die Firmengründer sind der Meinung, dass es schon genug Spiele gibt, in denen einsame Kämpfer eine meist brutale Schlacht gegen alle Arten von Aliens schlagen. Ihrer Meinung nach ist Software gefragt, bei der sich auch die Eltern gern mal vor den Computer setzen. Die Gründer von Art Edition: Ralf Glau, Holger Paulsen und Harald Uenzelmann. Ralf Glau programmierte bereits die erfolgreichen Handelsspiele "Hanse" und "Vermeer". Holger Paulsen ist der Grafiker des Teams und Harald Uenzelmann überwacht die Programmierung. Noch ist von Art Edition kein Spiel erhältlich, an den ersten Titeln wird immer noch gearbeitet.
Das Art
Edition-Gründungsteam. Von links nach rechts: Ralf Glau, Holger
Paulsen und Harald Uenzelmann
Art Edition - Neue Spiele
Ralf Glau, Autor so erfolgreicher Programme wie "Hanse", "Vermeer" und "Yuppi's Revenge", heckt zusammen mit Grafiker Holger Paulsen und dem Informatiker Harald Uenzelmann neue anspruchsvolle Strategiespiele aus. Dabei sollen Games entstehen, die uns nicht mehr als Einzelkämpfer bösen Mächten aus den Tiefen des Weltalls gegenübertreten lassen. Vielmehr wird es sich um Spiele handeln, die auch Mami und Papi ansprechen. (Natürlich nur dann, wenn die Herrschaften dem Rechner nicht schon aus Prinzip mit einer Schrotflinte auf den Leib rücken möchten!) Diese Games sollen für zwei, drei oder vier Teilnehmer geeignet sein, also geradezu für Spiel-Sessions bei Cola, Bier und Salzstangen. Neben den Strategieprogrammen entwickelt Holger Paulsen Realsimulationen und "Geschicklichkeitsspiele mit physikalischen Unmöglichkeiten". Außerdem arbeitet das Softwarehaus Art Edition an Soziosimulationen, in denen das soziale Verhalten gegenüber den Mitspielern vom Programm bewertet wird.
Nähere Einzelheiten hierzu waren noch nicht in Erfahrung zu bringen. Sowohl Art Edition als auch die deutsche Vertriebsfirma United Software (vormals Ariolasoft) schweigen sich über die neuen Projekte noch aus. Man will sich in aller Ruhe auf die Entwicklung der Programme konzentrieren und mit Detailinformationen erst herausrücken, wenn die Games zur Veröffentlichung anstehen.
Carsten Borgmeier (ATARImagazin 9/1989)
Art Edition ist ein brandneues Label im Software-Entertainment-Markt. Art Edition, das sind Ralf Glau, Student, Gunnar Binder, Journalist, Holger Paulsen, Graphiker und ich, Harald Uenzelmann, Informatiker.
Seit einigen Jahren sind wir nun schon als Einzelkämpfer auf den verschiedenen Gebieten des Software-Marktes tätig. Bis auf Ralf, der zwei schöne Erfolge in Deutschland hatte ("Hanse" und "Vermeer"), mehr oder minder im Hintergrund, als Handbuch-Autoren und Produzenten. Ralf ist über sein Designer-Studium an die Computerei gekommen und ist dort sehr schnell über den CPC bei den Systemen Atari ST und MS-DOS gelandet, später kam dann noch der Amiga hinzu. Gunnar, als alter Atari 800er-Freak, hat als Journalist für ein Computer-Magazin aktiv in die Scene eingegriffen und ist heute vor allem als Autor von Handbüchern im Entertainment-Bereich, daneben aber auch für Anwendungen, bekannt. Als Graphiker ist Holger der Mann, unseren Projekten das richtige Outfit zu verpassen. Da er zudem auch noch ein begeisterter Spieler ist, bringt er Unmengen an Ideen zu jedem Meeting mit, die er auch durchaus umzusetzen versteht. Zusammen mit Gunnar habe ich vor einigen Jahren als Redakteur für ein Computermagazin gearbeitet und später die Chance ergriffen, Computer-Spiele zu produzieren - statt über solche nur zu schreiben. Und nun haben wir unser gesammeltes Wissen in einen Topf geworfen.
In zwei Gruppen wollen wir den Markt der Computerspiele um einige abgehobene Beiträge bereichern. Wie gesagt - an Ideen mangelt es nicht, nur ... Wie soll das auf Heim-Computer umgesetzt werden? Der ST kann dieses nicht, der Amiga ist für jenes zu damenhaft, der PC - OHA!!! Wie bekomme ich zum Beispiel eine Low-Res-Graphik vom ST auf einen europaweit vertriebenen MS-DOS-Rechner, der - weil es der Hersteller so wollte - nur CGA-Auflösungen darstellen kann? Und das zu Zeiten einer VGA-Karte... Gar nicht so einfach! Ralf hat so ziemlich jede Variante ausprobiert. "Hanse" und "Vermeer" zeigen die Ergebnisse. Und wenn man nun so blauäugig glaubt, zwischen ST und Amiga gäbe es keine Probleme... HA! Die beiden Computer sind mindestens so verschieden voneinander wie die guten alten 8-Bitter Atari 400 und VC-20. Da fällt der Amiga unangenehm durch mangelnde Geschwindigkeit auf, oder man beachtet nicht den subtilen Unterschied zwischen Fast- und Chip-Ram, oder man hat ein Laufwerk mehr im System oder... Und der ST hält nichts vom Scrolling, will einfach keine Rechner-Zeit mehr freigeben und so weiter. Und genau an diese Probleme haben wir uns nun herangewagt.
Was wollen wir machen? Gute Spiele, die den User nicht mehr als Einzelkämpfer gegen böse Mächte aus den Tiefen des Weltalls alleine lassen. Spiele, die auch den Daddy und die Mutter - wenn die Herrschaften dem Rechner nicht aus Prinzip mit einer Schrotflinte im Anschlag gegenübertreten - ansprechen. Und das geht! Genauso eigenwillig wie der Markt ist und die Rechner auf wohlgemeinte Instruktionen reagieren, ist nun auch die Art Edition aufgebaut. Gruppe eins um Ralf in Ratzeburg, Gruppe zwei um Gunnar in Hamburg, Produktkoordination in Lippstadt. Gunnar und Holger wollen Geschicklichkeitsspiele mit paradoxen Regeln nach der Devise "was die Natur nicht gestattet, wird nun im Rechner gemacht" und Realsimulationen entwickeln. Ralf wird in der Richtung Sozio-Simulation weiterarbeiten, in direktem Anschluss an seine drei "Wirtschafts-Dinger". Klar, dass wir nicht alles alleine machen können. Die mangelnde Kapazität wird durch freie Mitarbeiter, die auf diesem Wege in die besondere Situation der Game-Software-Programmierung reinriechen oder auch nur mal zur Abwechslung was "Unseriöses" einticken wollen, gedeckt.
Wir werden immer wieder schräg angesehen, wenn wir erzählen, dass die Hauptteile unserer Programme in BASIC entwickelt sind - nämlich von GFA. Natürlich müssen zeitkritische Routinen in Assembler entwickelt und eingebunden werden, doch der BASIC-Teil ist schnell konvertiert, die Entwicklungszeiten werden drastisch gekürzt.
Wer Interesse hat, mit uns in Verbindung zu treten, der sollte vielleicht einfach mal anrufen (02941 /59415).
Harald Uenzelmann (GFA-CLUB Nachrichten 5/6-1989)
Interview mit Harald Uenzelmann
Auch Thalion ist ein junges Softwarehaus. Als einziges Thalion-Programm ist zur Zeit "Warp" erhältlich, ein Ballerspiel mit Strategie-Elementen. Fünf weitere Titel sind in der Mache. Bei einem Besuch bei Thalion in Gütersloh konnten wir einen Blick auf die neuen Spiele werfen. Darunter ist das sehr schön gestaltete Karate-Spiel "Chambers of Shaolin". Seine Besonderheit: Alle Joystick-Bewegungen müssen dem Karate-Kämpfer erst antrainiert werden. Dazu sind die verschiedenen Shaolin-Trainingskammern gut. Jede Kammer trainiert eine spezifische Kampftaktik. Am Rollenspiel "Dragonflight" wird seit über einem Jahr gearbeitet. Ein Hüpf- und Sammelspiel ist ebenfalls in den letzten Phasen der Programmierung. Außerdem bereitet Thalion zwei flotte 3D-Spiele vor. Das eine soll ein Rollenspiel werden, das bietet 3D-Action pur. In einer der nächsten Power Play-Ausgaben werden wir genauer über die neuen Spiele berichten.
hf (Happy-Computer Special 8/1989)
Ariolasoft unter neuem Namen
Seit dem ersten August erhalten Sie auf dem Spielemarkt keine Produkte des Distributors Ariolasoft mehr. Der Grund dafür ist, dass Ariolasoft den Namen ändert und zwar in "United Software". Im Jahre 1983 gründete der Bertelsmann-Verlag eine eigene Abteilung für Computersoftware. Bei der Namensgebung bedienten sich die Geschäftsführer des weltweit bekannten (Platten-) Labels "Ariola". Vor zwei Jahren spaltete sich die Softwarefirma von Bertelsmann ab. Da der Name Ariola nach wie vor zu Bertelsmann gehört, entschied sich Ariolasoft für eine Umbenennung in "United Software" (Vereinigte Software). Der Name trifft die Sache auf den Punkt. Unter diesem Label haben sich zahlreiche international bekannte Firmen zusammengefunden.
ST Magazin 9/1989