Dungeons und Monster erwachen

Ambermoon - Ein Schöpfungsakt

Wie entsteht ein Rollenspiel? Wer ist daran beteiligt? Dazu lassen wir den Spieledesigner Karsten Köper, Schöpfer von Amberstar, persönlich zu Wort kommen. Er berichtet uns direkt aus der Entwicklung von Ambermoon, dem Nachfolger zum Verkaufshit Amberstar.

Von Hans Ippisch und Karsten Köper

 

Thalion ist eines der wenigen deutschen Softwarehäuser, die mit einem Rollenspiel europaweit Erfolg hatten. Seit 1991 arbeitet man dort bereits an dem Nachfolger, der mit sanft scrollender 3D-Grafik-Technik aufwarten kann. Diese Routine existierte übrigens schon lange, bevor Underworld veröffentlicht wurde. Wir haben nun Karsten Köper, den Designer, gebeten, die Entwicklung des Nachfolgers aus seiner Sicht zu beschreiben.

 

Phase 1: Basic Things

Wenn man über Ambermoon schreiben soll, dann kann man Amberstar nicht aussparen, denn alles, was in Ambermoon vorkommt, hat seine Anfänge in Amberstar. Genau genommen waren da sogar die RPG-Editoren... Was sind die RPG-Editoren? Als mir im Jahre 1988 die Idee zu Amberstar kam, habe ich zuerst damit angefangen, mir ein Editor-Paket zu schreiben. Der Sinn dieser Editoren war und ist es, die riesigen Daten-Mengen jedes Amber-Programms möglichst einfach erstellen und verändern zu können. Dazu muss man noch anmerken, dass wir seit dem Erscheinen von Amberstar theoretisch schon seine beiden Nachfolger veröffentlichen können. Diese hätten dann zwar neue Grafiken und eine neue Geschichte geboten, aber sie hätten Amberstar ansonsten wie ein Ei dem anderen geglichen. Doch meist kommt es anders als man denkt...

Das Editor-Paket besteht aus drei verschiedenen Editoren. Zunächst gibt es einmal den RPG-Editor. Mit diesem Editor werden die Daten der Partymitglieder, NPC's (Nicht-Spieler-Charaktere) und Monster entwickelt. Des Weiteren werden Gegenstände erschaffen, die dann in die Rucksäcke der verschiedenen Charaktere und Monster gepackt werden können. Man kann jedoch auch Schatztruhen und Händlerlisten mit ihnen auffüllen. Zusätzlich gibt es noch eine Funktion, um Monstergruppen zusammenzustellen, und diverse andere kleine Daten-Editoren. Der MAP-Editor dient zum Erstellen von Karten. Die Hauptfunktion dieses Editors liegt darin, die 2D-Karten von Amberstar zu editieren. Zusätzlich kann man mit seiner Hilfe Ereignisse, Charaktere und Monstergruppen auf den Karten verteilen. Der LAB-Editor ist im Prinzip ähnlich. Hiermit kann man Daten für die Labyrinthe erstellen. Er beinhaltet die meisten Funktionen des MAP-Editors.

 

Phase 2: Brainstorm

Kurz nachdem Amberstar veröffentlicht wurde und die englische Übersetzung fertig war, habe ich mich mit allen Leuten, die an Ambermoon beteiligt sind, zusammengesetzt, und die Möglichkeiten bei dem Nachfolger besprochen. Im Laufe der folgenden Meetings haben sich dann eine ganze Reihe von Ideen ergeben. Leider kam ich um die Pflicht nicht herum, neue Editoren zu entwickeln. Das hat zwar sehr viel Zeit gekostet, jedoch wird man von Ambermoon nicht behaupten können, dass es nur ein neuer Aufguss von Amberstar ist. Dies lässt sich mit Sicherheit von einer anderen Firma behaupten, die ihre Rollenspielserie fast unverändert lange weitergeführt hat. Es wurden nicht nur Ideen aus dem Entwicklungsteam aufgenommen, sondern auch die Anregungen von Amberstar-Spielern beachtet. Viele haben bei uns angerufen oder einen Brief geschrieben. Aus den Meetings, Briefen und Anrufen resultieren also die ganzen Änderungen.

Was ist neu an Ambermoon?
  1. Es gibt jetzt zehn Speicherplätze für die Spielstands-Speicherung.
  2. In Kisten können Gegenstände, Gold und Rationen gelegt werden.
  3. Die Steuerung wurde komplett, insbesondere im Inventory, verbessert.
  4. Der Maßstab der 2D-Karten wurde vergrößert.
  5. Die 3D-Dungeons wurden vom Blockverfahren auf Bitmap-Polygone umgestellt.
  6. Auf dem Amiga wird der 5-Plane Modus (32 Farben) genutzt.
  7. Der Automapper wurde übersichtlicher und schöner, beispielsweise durch Goto-Points. D.h., wenn man in einer Stadt einmal den Waffenhändler besucht hat, kann man von jedem Punkt der Stadt aus automatisch zu ihm gelangen.
  8. Das gesamte Spiel wird ungefähr drei- bis viermal größer sein als Amberstar.
  9. Der Kampfscreen wurde überarbeitet, Monster können jetzt auch in die erste Reihe gelangen.

 

Phase 3: Das Team

Wie entsteht nun ein Teil der Amber-Trilogie? Leider ist es schon lange nicht mehr so wie in den alten Tagen, wo eine Person ganz alleine das Design, die Grafik, die Musik und das Programm gestaltet hat. Vielmehr muss man diese Aufgaben nun auf mehrere Leute verteilen. Das eigentliche Team setzt sich wie folgt zusammen:

Ich habe mit der Überarbeitung der Editoren angefangen, während ich anschließend die Landkarten von Lyramion editierte. Alleine diese Landkarte ist 256 Abschnitte mit jeweils 50 mal 50 Grafikblöcken groß. Zum Vergleich dazu ist die Landkarte in Amberstar nur 64 Abschnitte groß. Insgesamt enthielt Amberstar 154 verschiedene 2D- und 3D-Karten. Ambermoon wird fast 1.000 verschiedene beinhalten. Nach dem Editieren dieser Karten werde ich mit dem Entwickeln der Aufgaben und Dungeons beginnen.

Zunächst hat Jurie die alten Sources von Amberstar vom Atari ST auf den Amiga konvertiert. Amberstar wurde auf dem ST entwickelt, während wir nun auf Amiga entwickeln. Anschließend hat er das gesamte System überarbeitet und mit dem Integrieren der neuen Ideen begonnen. Vor allen Dingen hat er sich im Bereich der neuen Spielsteuerung sehr viel Mühe gegeben.

Thorsten hat am Anfang der Entwicklung von Ambermoon die Grafiken für die Rahmen und Fenster der Bildschirme gemalt. Darauf hat er einige Grafiken für die neuen 3D-Dungeons gezeichnet und die Grafiken der Händler und Zwischensequenzen überarbeitet. Nun arbeitet er an den Monstern für die Kampfgeschehnisse.

Wer Amberstar gespielt hat, durfte bereits einen großen Teil der Werke von Monika bewundern. Monika malte dort den größten Teil der Grafiken. Jetzt hat sie zuerst die Grafiken für die 2D-Karten der Innenräume und die 3D-Grafiken der Städte gemalt. Derzeit arbeitet sie an der Gestaltung der Objekte für die 3D-Dungeons.

Bis vor kurzem war Henk mit der Grafik von Lionheart beschäftigt. Bevor er mit seinem neuen Projekt beginnt, kümmert er sich um die Gestaltung des Vor- und Abspanns.

Erik ist so eine Art "Mädchen für alles". Hauptsächlich ist er für die Überwachung der Entwicklung von Ambermoon zuständig. Da er aber auch ein hervorragender Computergrafiker ist und sein Projekt Lionheart beendet ist, hat er sich bereit erklärt, mir beim Design von Ambermoon zu helfen. Zur Zeit erstellt er Grafiken für einen Teil des Ambermoon-Szenarios.

Wer schon einmal No Second Prize oder Lionheart gespielt hat, kennt die Musikstücke von Matthias. Bereits seit Mitte letzten Jahres ist Matthias damit beschäftigt, Musiken für Ambermoon zu komponieren. Was er bis jetzt erschaffen hat, wird die Spieler von Ambermoon verzaubern.

 

Phase 4: State of Point

Selbst während wir Ambermoon entwickeln, kommen uns ständig neue Ideen. Viele von denen werden wir erst im dritten Teil verwirklichen können. Glücklicherweise sind einige dieser Ideen mit relativ geringfügigem Aufwand zu bewerkstelligen, womit ein Teil noch in Ambermoon rutschen wird. Insgesamt gesehen kann ich allen, die Amberstar gerne gespielt haben, mit Ambermoon ein Erlebnis sondersgleichen versprechen. Hier möchte ich auch gleich meinen persönlichen Aufruf folgen lassen. Ich möchte allen, die Amberstar gekauft haben, danken und hoffe, dass ihnen das Spielen genauso viel Spaß gemacht hat, wie mir das Entwickeln. Wer Kritik, Ideen oder Änderungsvorschläge äußern möchte, sollte mir schreiben. Wir werden die Wünsche zwar nicht mehr in Ambermoon unterbringen können, aber es wird ja auch noch einen dritten Teil geben.

Eure Briefe richtet bitte an folgende Adresse:

Thalion Software GmbH
z.Hd. Karsten Köper
Königstr. 16
W-4830 Gütersloh

Bitte nicht mehr schreiben!

PC Games Sonderheft 1