Listening to "Immortal 3"
Ein Hörbericht

 

Nun ist es endlich da - das "Immortal 3"-Doppelalbum (im nachfolgenden mit "I3" abgekürzt). Wie bereits beim Vorgänger wurden überwiegend die Original-Komponisten aktiv und haben ihre Musik von damals an den aktuellen Stand der Technik angepasst. Ob es den Qualitätsstandard des erfolgreichen Immortal 2-Albums halten bzw. die Messlatte noch weiter nach oben legen und somit die Erwartungen der Hörer erfüllen kann, wird sich im Verlauf dieses Berichtes zeigen.

Meine Motivation zum Kauf von CDs wie beispielsweise Immortal 2 + 3 liegt darin zu hören, wie die Musik von Computerspielen, die ich damals sehr oft (zum Teil auch nur wegen der Musik) gespielt habe, unter Verwendung aktueller Synthesizer- und Studiotechnik klingt. Wichtig ist dabei für mich, dass sich die Komponisten relativ nah an ihren Originalkompositionen orientieren. Daher möchte ich in den folgenden Zeilen vorzugsweise auf Tracks eingehen, mit denen ich spieltechnisch vertraut bin (ganz im Sinne von Dieter Nuhr - "wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten"). Tracks von mir unbekannten Spielen, die mir positiv oder negativ aufgefallen sind, werden aber auch erwähnt. Ich möchte nochmal betonen, dass dieser Hörbericht ausschließlich meine Meinung wiederspiegelt. Die Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden, sodass Euch meine Kritik nicht vom Kauf dieses Albums abhalten soll. Um es mit dem Titel von Jochen Hippels CD zu sagen: "Give it a try".

Die I3 kommt in einem volltransparenten Jewel-Case daher und sieht mit den futuristischen Motiven auf der Vorder- und Rückseite, welche sich ebenfalls auf den farbig bedruckten CDs befinden, sehr stylisch aus.

Eingeleitet wird die erste CD mit einer Orchesterfassung von Chris Hülsbecks Apidya. Wer das Eröffnungskonzert der Games Convention 2003 in Leipzig mit seiner orchestralen Apidya-Suite nicht miterleben konnte, wird sich über diese Orchesterfassung freuen. Verwöhnt durch das Apidya-Album fällt der Unterschied zwischen Hülsbecks Synthesizern und dem richtigen Orchester nicht so gewaltig aus, wie ich anfangs erwartet hatte. Nichtsdestotrotz konnte dieser Track begeistern.

Die Musik von Ghouls 'n Ghosts ist im Folk-Stil gehalten und spiegelt die Spielstimmung mittels klassischer Instrumente (Gitarre, Flöte, Percussion) sehr schön wieder.

Mit Turrican 2 + 3 werden nach langer, langer Zeit erstmals Tracks zu diesen beiden Shoot 'em Ups außerhalb des offiziellen Turrican-Albums von Soundmagier Chris Hülsbeck veröffentlicht. Wer Chris' Musik mag, dem werden auch diese beiden Tracks gefallen - ein echter Hülsbeck halt ;-).

Das Klavierspiel von Cool Coyote im Intro von Fire & Ice wurde für die I3 nett umgesetzt. Das Stück ist flott und wird dem Spielcharakter gerecht.

Die Musik zu Pinball Dreams und Pinball Fantasies hat mich positiv überrascht. Kannte ich die Spiele noch von einem Klassenkameraden, bei dem ich früher mehrere Flipperspiele auf dem Amiga gespielt hatte, war mir die Musik überhaupt nicht mehr in Erinnerung geblieben. Beginnt Pinball Dreams anfangs noch ruhig und sphärisch und kommt erst nach einer Minute so richtig auf Touren, geht es bei Pinball Fantasies schon nach wenigen Sekunden richtig ab. Tolle Rhythmen, gepaart mit Sphärenklängen und zahlreichen Tempiwechseln zeichnen diese beiden Tracks aus.

Die musikalische Umsetzung von Agony auf dem Amiga kenne ich leider nicht. Die Umsetzung auf der I3 überzeugt durch ihr ruhiges Tempo. Die klassischen Instumente, allem voran das Piano, vermitteln eine - man kann schon fast sagen - verträumte, mit Sehnsucht erfüllte Stimmung. Für ruhige Stunden zum Nachdenken und Alleinsein genau das Richtige.

Defender of the Crown "Castlekeep" klang für mich beim ersten Anhören aufgrund der Percussions etwas fremd. Das Spiel hatte ich damals auf meinem Atari ST sehr häufig gespielt. Aufgrund eines Programmfehlers (?) musste ich nie Geld für ein Katapult ausgeben. Griff ich eine Burg an, stand es schon da - auch wenn ich keins gekauft hatte...ich schweife ab, zurück zur Musik: Das Schlagzeug bringt einen ungewohnten Rhythmus in das Stück und die Blasinstrumente (Oboe / Klarinette) klingen in einigen Passagen so, als ob den Musikern zwischendurch die Luft ausgehen würde. Ich muss aber auch dazu sagen, dass, was Musikstile angeht, ich mich alles andere als einen Experten nennen kann. Meine Unkenntnis den gewählten Musikstil betreffend und somit die v.g. Eigenarten des Stückes ausser Acht lassend, wurde die ursprüngliche Homecomputer-Fassung der Musik gut umgesetzt.

Mit dem Arrangement zu Lotus 3: The Ultimate Challenge wird nun wieder Gas gegeben. Der Track versprüht den Charme des Amiga-Klassikers, fällt nach meiner Ansicht allerdings etwas hinter dem Lotus 2-Track der "Immortal 2"-CD zurück. Dies hat nichts mit der Qualität des Arrangements dieses Tracks zu tun - die Herren Del Priore und Zottmann haben den Track wirklich sehr überzeugend arrangiert. Vielmehr hat mir ganz einfach die Melodie des Lotus 2-Tracks besser gefallen - aber das ist Geschmackssache.

Da ich The Plague nicht kannte, war die Musik eine weitere positive Überraschung für mich. Zarte Klänge, Gewittergrollen, Stereo-Effekte - stimmungsmäßig hat der Track etwas gruseliges und erinnert mich ein wenig an Halloween. Sehr schön gemacht.

Bei Ambermoon von Matthias Steinwachs erwartet den Hörer ein stimmungsvolles Klaviersolo.

"Please wait" - dieses Sample kennen Spieler noch von den Ladepausen zwischen den einzelnen Leveln von Wings of Death. Auf der I3 leitet es als Intro das mehr als siebenminütige Medley zu meinem Lieblings-Shoot 'em Up ein, unterlegt von einer Melodie. Anschließend geht es richtig ab: Zuerst wird das Titelthema gespielt, dann kommen einzelne Level. Jochen Hippel hält sich stilistisch (glücklicherweise) sehr nah an seinem Original. Die Musik ist flott und kraftvoll, Melodie und Schlagzeug gehen sofort ins Ohr. Getrennt werden die einzelnen Parts voneinander überwiegend durch kurze Ruhephasen. Nachdem Jochens "Lethal Xcess" für die "Immortal 2" meine Erwartungen nicht ganz erfüllt hat, konnte er mich mit dem Wings of Death Medley restlos begeistern. Für mich ist dies der beste Track der I3 und als erster Track der zweiten I3-CD eine tolle Eröffnung.

Jochen Hippel hat sich auch seine Musik zu Amberstar noch einmal vorgenommen. Das Arrangement auf der I3 ist angenehm ruhig und entspannend.

Ein beliebtes Spiel war bei meinen Kumpels und mir damals Speedball 2. Die Musik des Intros könnt Ihr jetzt auf der I3 genießen. Kräftige E-Gitarren, ein starkes Schlagzeug sowie eingestreute Sprachsamples und Effekte geben dem Arrangement richtig Power. So richtig laut aufgedreht mit starkem Bass macht dieser Track richtig Druck. Nur beim Autofahren sollte man dieses Stück vielleicht nicht gerade hören - es könnte eventuell eine aggressive(re) Fahrweise zur Folge haben.

Bei Brat kann ich mich nur noch an das nett gemachte Intro erinnern. Die Musik von Brat würde ich als "Gute Laune"-Musik bezeichnen. Sie hat ein schönes Arrangement und man kann sie gut nebenbei laufen haben.

Ork beginnt mit einem ruhigen Pianosolo, welches aber rasch von anderen Instrumenten abgelöst wird. Ich kann schwer beschreiben, woran es liegt, aber mir gefällt dieser Track.

Obsession "Desert Run" ist die Musik eines weiteren Flippers. Dieses Stück beinhaltet sowohl ruhige als auch flottere Passagen. Die Instrumente erinnern von ihrer Art her entfernt an die in Trackern benutzten Instrumentensampels. Schön gemacht.

Die Musik von Super Cars 2 unterscheidet sich teilweise sehr deutlich vom Amiga-Original. Wer das Arrangement auf der I3 hört, wird anfangs vielleicht etwas stutzen. Das Stück beginnt äußerst langsam, nimmt aber im Laufe der Zeit noch Fahrt auf. Meine Meinung über diesen Track ist etwas zwiegespalten: Der Track besitzt schöne flotte Passagen, die dem Amiga-Original nahe kommen - der langsame Anfang und manche Zwischensequenzen sind aber gar nicht mein Fall.

Trolls ist ein cooler Track. Stampfende Rhythmen, Melodie, Gesang und Sprachsamples verbinden sich zu einer interessanten Mischung. Vielleicht nicht jedermanns Sache - mir jedenfalls gefällt es.

 

Meine persönlichen Top 3
1. Wings of Death - Hippel
2. Speedball 2 "Brutal Deluxe" - Nation 12, arr. Pignon
3. Apidya "Suite" - Hülsbeck

 

Fazit

Meiner Meinung nach übertrifft das "Immortal 3"-Doppelalbum seinen Vorgänger nicht nur in Quantität, sondern auch in Qualität der einzelnen Titel. Mit einer Laufzeit von über 150 Minuten in 35 Tracks wird eine Menge geboten. Auch wenn dem einzelnen Hörer naturgemäß nicht jeder Titel zusagen wird, so dürfte die Auswahl unter der Vielzahl von Top-Titeln überzeugen und der ein oder andere Favorit dabei sein. Auch soundtechnisch klingt die I3 durch das Mastering bei Pauler Acoustics besser als ihr Vorgänger.

Allen Fans guter Computerspiele-Musik kann ich dieses Album uneingeschränkt empfehlen. Thalion-Fans kommen hier ganz besonders auf ihre Kosten, gibt es doch keine andere Gamesoundtrack-CD, auf der die Musik so vieler Thalion-Spiele vertreten ist.

Einem eventuellen Nachfolger in Form einer "Immortal 4"-CD stehe ich hingegen kritisch gegenüber. Die besten Titel aus dem Bereich der Amiga- / Atari ST-Spiele wurden bereits auf den Vorgänger-CDs bzw. anderen Remix-CDs veröffentlicht. Was bleibt außer zweitklassigen Titeln für einen Sequel? In diesem Sinne möchte ich zwei bekannte Sprichwörter zitieren:

"Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist."

"Alle guten Dinge sind drei."

(c) 2006 Gerald Müller-Bruhnke (The Thalion Source)